Neuer Volkssport für Diktatoren: Jagt den Blog!
Karl Wassilios Aswestopoulos 02.11.2006
Abmahnung, Bloggen und Rechtradikalismus auf griechisch
Dass Blogger teilweise gefährlich leben, ist bekannt . Wenn irgendwo in der Welt ein Blogger verhört, verklagt oder verhaftet wird, fällt es kaum mehr auf; selbst bei hauptberuflichen Journalisten führt derartiges ja außerhalb der eigenen Kreise nicht mehr zur Empörung, sondern wird achselzuckend als "Berufsrisiko" angesehen ("selbst Schuld"). Im Zeitalter von Guantanamo , Yahoo-Zensur , Google-Filtern und organisierten Massenabmahnungen würde normalerweise niemand mehr Notiz von einem unglücklichen Griechen nehmen, der wegen einer Weblogverlinkung vor den Kadi gezerrt wurde.
In den meisten internationalen Medien taucht hin und wieder eine Randnotiz auf, dass in China oder im Iran ein regimekritischer Blogger zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Es wird erwähnt, dass Chinesen sich mittlerweile registrieren lassen müssen, wenn sie
Wen interessiert das?
Wer aber kümmert sich um so etwas Unprickelndes wie europäische Abmahnungen, wo doch schon die in Deutschland mittlerweile kein journalistisches Thema mehr sind? Wer, außer einen kleinen Gruppe von Unbeugsamen, die meist netzintern gegen oft unberechtigte Netzzensur oder
Artikel, die im Internet kursierende Bewerbungsversuche von Möchtegern-Bill Gates-Imitatoren behandeln, stoßen bei der Leserschaft mittlerweile ebenfalls nur noch
Obwohl der Rechtsradikalismus in der ganzen Welt eine
Ebenso gering wie am Internet und der stetig wachsenden Menge an Spinnern ist das Interesse der übrigen Welt an Griechenland. Die Griechen müssen sich schon selbst belauschen, um eine Erwähnung in der internationalen Presse zu
Woher das Interesse?
Umso seltsamer erscheint es, dass die durch einen rechtsradikalen Fernsehprediger veranlasste Verhaftung eines griechischen Blog-Beobachters als Meldung um die Welt ging. Sowohl die
Was ist geschehen?
Der für seine abstrusen Ansichten bekannte Fernsehmoderator
Liakopoulos, der seinen gesammelten Unsinn im eigenen Verlag in Büchern publiziert und in eigenen Fernsehverkaufsshows die Bücher mehr oder minder erfolgreich verbreitet, ist darüber hinaus bekennender Antisemit und Rassentheoretiker. Liakopoulos ist einer der Wenigen, die im
Da funEL in den USA registriert ist und die dortigen Netzbetreiber Userdaten nur bei einem offensichtlichen kriminellen Missbrauch heraus geben, konnte Liakopoulos seine Kritiker nicht direkt bestrafen. Da aber jemand für die "Majestätsbeleidigung" des Propheten des neuen Byzantinischen Weltreichs bestraft werden musste, traf es den Betreiber einer griechischen Blogseite, Herrn
Demnach hat er nach Auffassung der griechischen Strafverfolgungsbehörden die Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Liakopoulos unterstützt. Grund genug, ihn festzunehmen, über Nacht einzusperren und am nächsten Tag in Handschellen vor ein Schnellgericht zu zerren. Das Gericht selbst beschloss, den Vorfall weiter zu verweisen.
Wer steckt hinter den Veröffentlichungen?
Griechenland rühmt sich dafür, die Meinungsfreiheit und die Informationsfreiheit zu verteidigen. Dies betonte der Ministerpräsident Griechenlands,
Das griechische Internetportal
Es ist anzumerken, dass die Verhaftung und die Vorführung vor ein Schnellgericht dem griechischen Recht entsprechen. Die griechische Exekutive ist nominell unabhängig von Weisungen der griechischen Regierung. Es steckt also kein Skandal dahinter, für den ein Regierungsmitglied seinen Kopf hinhalten müsste. Es ist halt nur peinlich.
Nachzutragen bleibt, dass während der Tagung des IGF die Schließung des einzigen unabhängigen, staatlich finanzierten
Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23885/1.html
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